Health for Future trifft sich mit NRW-Klimaschutzministerin Mona Neubaur

NRW-Klimaschutzministerin Mona Neubaur diskutiert mit Expertinnen und Experten aus Kliniken und Wissenschaft über Perspektiven für Klimaneutralität an nordrhein-westfälischen Krankenhäusern.

Die nordrhein-westfälischen Krankenhäuser wollen und müssen ihre Verantwortung für den Klimaschutz konkret und aktiv umsetzen. Doch anders als für viele Wirtschaftsbranchen sind für den Gesundheitsbereich bis heute keine konkreten Klimaschutzziele definiert worden. Dabei liegt der Gesundheitssektor mit rund 5 Prozent Anteil an den klimaschädlichen Emissionen nur knapp hinter der Stahlindustrie. Um die Möglichkeiten, den Weg zur Klimaneutralität zu beschleunigen und die Akteure zu vernetzen, ging es am Montag, 20. März 2023, bei einem von Health for Future Köln initiierten Fachgespräch mit Mona Neubaur, nordrhein-westfälische Ministerin für Wirtschaft, Industrie, Klima und Energie. „Die Klimakrise mit ihren mannigfaltigen Konsequenzen ist die größte Gefahr für die menschliche Gesundheit im 21. Jahrhundert. Paradoxerweise treibt das aktuelle Gesundheitssystem selbst aber die Klimakrise und andere gesundheitsschädigende Prozesse, wie z. B. Luftverschmutzung an“, sagt Jana Leberl von Health for Future Ortsgruppe Köln. „Aus Sicht der Ärzte und Ärztinnen von Health for Future ist es daher dringend an der Zeit für einen Paradigmenwechsel: Prävention von durch die Klimakrise bedingten Erkrankungen muss zum zentralen Thema der Gesundheitsfürsorge werden. Das beginnt damit, dass wir klimaneutrale Systeme erschaffen, in denen wir Patientinnen und Patienten versorgen können ohne ihnen gleichzeitig langfristig zu schaden.“

Health for Future ist ein Aktionsbündnis aus Angehörigen der Gesundheitsberufe mit über 70 Ortsgruppen, das neben der gesellschaftspolitischen Denkfabrik Centre for Planetary Health Policy (CPHP) unter dem Dach der Deutschen Allianz Klimawandel und Gesundheit e.V. (KLUG) arbeitet.

An dem Austausch mit Ministerin Neubaur nahmen Prof. Dr.-Ing. Manfred Fischedick, Präsident und wissenschaftlicher Geschäftsführer des Wuppertal Instituts, Dr. Sven Lueke vom Institute For Health Care Business (hcb), Burkhard Fischer für die Krankenhausgesellschaft Nordrhein-Westfalen, Dorothea Baltruks von der Denkfabrik Centre for Planetary Health Policy sowie Dr. med. Jana Leberl, Dr. med. Martin Otto und Dr. med. Bernhard Seidler von Health for Future teil. Im Mittelpunkt standen die schon jetzt laufenden Aktivitäten der NRW-Krankenhäuser für einen klimaschützenden Betrieb. Zugleich machten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer deutlich, dass Krankenhäuser dringend ausreichende Investitionsmittel für Klimaschutzmaßnahmen benötigen. Der im NRW-Koalitionsvertrag von CDU und Bündnis 90/Die Grünen angekündigte Krankenhausklimaschutzfonds müsse schnell eingesetzt werden, damit die Krankenhäuser keine wertvolle Zeit verlieren. Nur so könnten die Klimaschutzziele des Bundes bis 2030 erreicht werden.

Bildnachweis: KGNW

Von rechts nach links: Prof. Dr. Manfred Fischedick, Oliver Wagner, Dr. Sven Lueke, Mona Neubaur, Dorothea Baltruks, Dr. Jana Leberl, Dr. Bernhard Seidler, Dr. Martin Otto, Burkhard Fischer

NRW-Klimaschutzministerin Mona Neubaur erklärte: „Die Transformation von Krankenhäusern hin zur Klimaneutralität spielt eine immens wichtige Rolle. Hier geht es um mehr als nur die Defossilisierung der eingesetzten Energieträger. Hier geht es in großem Maße auch um Ressourcen, wie die täglichen Verbrauchsmaterialien. Die Krankenhäuser stehen zudem vor der immer größer werdenden Herausforderung, Menschen, die körperlich unter den Folgen des Klimawandels leiden, ärztlich zu versorgen. Nicht nur aus dieser Notwendigkeit heraus ist die Krankenhausgesellschaft NRW mit der Beauftragung des Umsetzungskonzepts zum Klimaneutralen Krankenhaus durch das Wuppertal Institut den ersten wichtigen Schritt gegangen. Mit dem formulierten Zielbild der Klimaneutralität muss es jetzt gemeinsam an die Umsetzung gehen. Wir als Landesregierung werden den Akteuren – gemeinsam mit dem Bund – bei den anstehenden Aufgaben als Partner zur Seite stehen.“

Diesen Faden griff auch Dorothea Baltruks von der Berliner Denkfabrik Centre for Planetary Health Policy auf: „Die ökologische Transformation des Gesundheitswesens ist eine immense Herausforderung, der wir uns in Deutschland bislang nicht systematisch stellen. Mit den heute besprochenen konkreten Plänen und Vorschlägen hat NRW in Bezug auf den Weg zu klimaneutralen Krankenhäusern eine Vorreiterrolle eingenommen – nun müssen diese von der Politik gemeinsam mit den Akteuren im Sektor umgesetzt werden.“

Vom Reden ins Handeln kommen – dies ist das Ziel der Initiative Klimaneutrales Krankenhaus, mit der die Krankenhausgesellschaft Nordrhein-Westfalen (KGNW) als Dachverband die rund 340 NRW-Krankenhäuser beim Klimaschutz unterstützt. Die Initiative soll das vom Wuppertal Institut und von hcb im Auftrag der KGNW 2022 entwickelte Zielbild „Klimaneutrales Krankenhaus“ in konkretes Handeln überführen. Kern des Zielbilds und damit der Initiative sind zehn Maßnahmenfelder, mit denen die Krankenhäuser die von der Bundesregierung gesetzten Klimaschutzziele erreichen können. Damit verbunden ist die Forderung nach einem finanziellen „Climate Boost“ von Land und Bund zur Umsetzung. „Ein Großteil der Krankenhäuser versteht Klimaschutz als Teil ihrer gesellschaftlichen und ökologischen Verantwortung. Mit der Initiative Klimaneutrales Krankenhaus schaffen wir eine Plattform, damit sich die Expertinnen und Experten der einzelnen Häuser vernetzen und andere an ihren Erfahrungen teilhaben lassen können“, betonte Sascha Klein, Vizepräsident der KGNW. Ein zentraler Aspekt ist dabei, die in den Krankenhäusern eingesetzten Klimaschutzmanagerinnen und -manager zu qualifizieren, damit sie den Transformationsprozess in ihren Einrichtungen verantwortlich steuern können.

Die beiden Gutachten haben inzwischen auch bundesweit Beachtung gefunden und dienen Krankenhäusern in anderen Bundesländern zur Orientierung. Die Dimension beschrieb Prof. Manfred Fischedick so: „Die größte Herausforderung in Krankenhäusern ist der energetisch schlechte Zustand der Gebäudehülle, wo sich ein enormer Sanierungsstau zeigt. Es ist die zentrale Frage, wie man die energetische Sanierung finanziert bekommt. Aber auch die Komplexität der Krankenhäuser erschwert die Aufgabe, denn gerade bei großen Häusern ist die energetische Sanierung eine vielschichtige Aufgabe. Im Verbund mit der Sanierung ist das Heizungssystem zu erneuern. Energetisch sanierte Krankenhäuser in den Innenstädten können ein Gewinn für ihr städtisches Umfeld sein, weil sie beispielsweise als Nukleus für den Aufbau von Wärmenetzen genutzt werden können. Vom klimaneutralen Krankenhaus können also wichtige Impulse ausgehen.“

Und Dr. Sven Lueke ergänzte: „Den Weg zur Klimaneutralität werden Krankenhäuser nicht ohne Unterstützung schaffen: Der große Investitionsstau und die mangelnde Ertragslage erlauben kaum Investitionen in Klimaschutz. Darum sollten wir erstens die notwendigen Investitionsmittel bereitstellen sowie zweitens zweckgebunden und zielführend verteilen.“

Bereits in der vergangenen Woche nahmen Geschäftsführungen und Fachleute aus rund 130 NRW-Krankenhäusern an einem eintägigen Workshop teil. Unter dem Motto „Klimaschutz im Krankenhaus ist Zukunft“ erhielten sie einen Einblick in die praktische Umsetzung der zehn vom Wuppertal Institut benannten Maßnahmenfelder. Vom Austausch technischer Anlagen über den Ersatz von Narkosegasen sowie Fragen von Mobilität und Warenströmen bis hin zur Modernisierung der Gebäudehüllen zeigten Praxisbeispiele und Fachvorträge viele Handlungsmöglichkeiten auf. „Wer Nachhaltigkeit im Unternehmen lebt, ist auch zukünftig als Arbeitgeber attraktiv“, erklärte KGNW-Vizepräsident Klein. Mit dem Workshop hat die KGNW eine Reihe von Veranstaltungen eröffnet, um die Krankenhäuser zunächst bis 2025 auf dem Weg in die Klimaneutralität zu unterstützen.

Die Gutachten stehen hier zum Download bereit:

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