Organisatorisches
Ärzt:innen und Menschen in allen Gesundheitsberufen fordern lebensrettende 1,5-Grad-Politik
Demonstration von Menschen in Gesundheitsberufen vor der Charité in Berlin und in über 20 Städten in Deutschland
Berlin, 10. September 2021 – Die Flutkatastrophe, bei der im Sommer 2021 allein in Deutschland 183 Menschen starben, zeigte, dass die Klimakrise in Deutschland bereits Realität ist. Die Häufung von Extremwetterereignissen gefährdet die Gesundheit der Bevölkerung und erfordert Maßnahmen zur Vorbeugung. Der Schutz des Klimas und der Erhalt unserer Lebensgrundlagen kann in Zukunft viele Leben retten. Allein durch die positiven gesundheitlichen Nebeneffekte von Klimaschutzmaßnahmen, könnten in Deutschland jährlich 150.000 Todesfälle verhindert werden. „Ich bin Ärztin geworden, um Menschenleben zu retten. Doch die beste Medizin wird in Zukunft nichts mehr bewirken können, wenn Politiker:innen nicht endlich dafür sorgen, dass die Zerstörung unserer Lebensgrundlagen beendet wird“, sagte Dr. med. Lisa Pörtner, Health for Future Mitglied und Internistin aus Bremen.
Die Demonstrationen greifen die positiven gesundheitlichen Nebeneffekte von Klimaschutz auf und stehen unter dem Motto „Wer rettet 150.000 Leben?“. Die Gesundheitsberufe stellen diese Frage im Vorfeld der Bundestagswahl an die Politiker:innen aller Parteien. „Um eine gesunde und nachhaltige Ernährungsweise für die Bevölkerung zu ermöglichen, braucht es klare Maßnahmen wie zum Beispiel eine Reform von bestehenden Ernährungsempfehlungen, eine Bepreisung der Treibhausgas-Emissionen von Lebensmitteln, verbunden mit finanzieller Unterstützung für Menschen mit niedrigem Einkommen und eine Anpassung der Agrarpolitik an die Anforderungen einer gesunden und nachhaltigen Ernährung“, erklärte Dr. Marco Springmann, Senior Researcher in Population Health an der Oxford Universität.
Mit den Demonstrationen stellen Menschen in Gesundheitsberufen in ganz Deutschland der Politik die Diagnose Klimakrise. Am 10. September in Berlin tragen dafür Ärzt:innen, Pfleger:innen, Medizinstudierende und Menschen in verschiedenen Gesundheitsberufen in Berufskleidung ein riesiges ärztliches Rezept vom Bettenhochhaus der Charité auf den Platz der Republik und stellten es vor dem Reichstagsgebäude auf.
Die Klimakrise ist ein medizinischer Notfall
„Wer rettet 150.000 Leben?“ ist ein gemeinsames Projekt von Health for Future und der Deutschen Allianz Klimawandel und Gesundheit (KLUG). „Ich habe mich für die Pflegeausbildung entschieden, weil ich Menschen pflegen und helfen will. Doch was es wirklich braucht, um die Klimakatastrophe aufzuhalten, ist eine echte 1,5-Grad-Politik“, sagte Jessica Esser, Health for Future Mitglied und Pflegefachkraft aus Freiburg. Die Aktion wird von einem breiten Bündnis aus Organisationen des Gesundheitswesens unterstützt. Das Ziel der Organisationen ist es, deutlich zu machen, welche weitreichenden Folgen die Klimakrise für die Gesundheit hat und welche gesundheitlichen Vorteile Klimaschutzmaßnahmen mit sich bringen.
150.000 Leben könnten jährlich in Deutschland gerettet werden
Die 150.000 Leben ergeben sich aus einer 2021 in der Fachzeitschrift Lancet Planetary Health veröffentlichten Studie (“The public health implications of the Paris Agreement”): Die Festlegung nationaler Klimaschutzbeiträge, die die Einhaltung des Pariser Klimaabkommens für Deutschland möglich macht und zur Begrenzung der Erdüberhitzung auf 1,5 Grad Celsius beiträgt, könnte die schlimmsten Folgen des Klimawandels verhindern und in Zukunft viele Leben retten. Dazu gehören zum Beispiel weniger Todesfälle durch Hitzewellen oder weniger Atemwegserkrankungen durch sauberere Luft. Die Lancet-Studie zeigt, dass allein die Nebeneffekte der Maßnahmen („Co-Benefits“), die durchgeführt werden müssten, um dieses Temperaturziel zu erreichen, bereits so positive Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit hätten, dass hunderttausende Todesfälle verhindert werden könnten.
Die positiven Nebeneffekte entstehen vor allem in den Bereichen Luftqualität, Mobilität und Ernährung, zum Beispiel durch die Reduktion von Emissionen in den Bereichen Verkehr und Energiegewinnung, aktivere Mobilität, sowie gesündere und fleischärmere Ernährung.
Die Lancet-Studie modelliert die Zahl der verhinderten Todesfälle für das Jahr 2040. Werden also jetzt die entsprechenden politischen Maßnahmen eingeleitet, könnten allein durch die positiven gesundheitlichen Nebeneffekte bereits im Jahr 2040 150.000 Todesfälle verhindert werden – und viele weitere auf dem Weg dahin und in den Folgejahren.
Hintergrund
Organisiert werden die Demonstrationen von Health for Future und der Deutschen Allianz Klimawandel und Gesundheit (KLUG). KLUG trägt seit ihrer Gründung im Jahr 2017 das Thema Klimawandel in die Organisationen und Institutionen des deutschen Gesundheitssektors. Ärzt:innen, Menschen in Gesundheitsberufen, Medizinstudierende Patient:innen und Interessierte setzen sich dafür ein, Klimaschutz dauerhaft in das Gesundheitswesen zu integrieren und auf die Folgen des Klimawandels für die Gesundheit hinzuweisen.
Aus der Deutschen Allianz Klimawandel und Gesundheit gründete sich, inspiriert von Fridays for Future und Scientists for Future, im Jahr 2019 Health for Future. Seitdem gibt Health for Future Akteur:innen aus dem Gesundheitsbereich die Chance, aktiv zu werden, sich zu vernetzen und bietet Materialien und Workshops zur lokalen und überregionalen politischen Arbeit, Bildungsarbeit und zur Reduktion von Treibhausgasemissionen im Gesundheitswesen an. Health for Future ist heute mit bereits über 60 Ortsgruppen aktiv, die sich bundesweit und international mit eigenen Schwerpunkten vernetzen.
Pressekontakt
Natalie Schröder, Deutsche Allianz Klimawandel und Gesundheit
Telefon: 0162 7565376
E-Mail: natalie.schroeder@klimawandel-gesundheit.de
Presse-Infos zur Aktion 150.000 Leben am 10.9. in Berlin
Download Pressemitteilung
Download-Pressebilder „Wer rettet 150.000 Leben“
Download FAQs zu „Wer rettet 150.000 Leben“
Download Zitate von den Sprecher*innen der Kundgebung am 10.9. in Berlin an der Charité
Diese Städte nehmen schon an der Aktionswoche teil:
Die Extremwetterereignisse, Flut und Hitze, des Sommers 2021 zeigen: Gesundheit braucht Klimaschutz

Eine Studie in der Fachzeitschrift „The Lancet“ errechnet, dass alleine in Deutschland durch die positiven gesundheitlichen Nebeneffekte von Klimaschutz jährlich etwa 150.000 vorzeitige Todesfälle verhindert werden können – wenn das 1,5-Grad-Limit des Pariser Klimaabkommens nicht überschritten wird. Positive Nebeneffekte, sogenannte „Co-Benefits“, sind zum Beispiel bessere Luftqualität, gesunde Ernährung und aktive Mobilität. Weitere Infos dazu auf: klimagesund.de.
Die „Co-Benefits“ – Positive Nebeneffekte von Klimaschutz für unsere Gesundheit

Luftverschmutzung
Durch die Reduktion von Emissionen in den Bereichen Mobilität, Energiegewinnung und Landwirtschaft, kann die Luftverschmutzung signifikant reduziert werden.

Ernährung
Viele Klimaschutzmaßnahmen, z.B. in der Landwirtschaft, gehen einher mit einer Umstellung unserer Ernährung hin zu mehr Ausgewogenheit, weniger Fleisch und weniger prozessierten Lebensmitteln.

Mobilität
Die Mobilität muss sich zu aktiveren, klimaschonenden Arten des Transports entwickeln, wie z.B. Fahrradfahren, zu Fuß gehen oder die Nutzung des ÖPNV.
Bei den Themen Ernährung und Mobilität geht es zudem nicht um die Individualentscheidungen, die alle Menschen in Deutschland selbst treffen: Die Politik muss Verantwortung übernehmen und Strukturen schaffen, um die Nutzung dieser Co-Benefits zu ermöglichen.