Wie hängt Hitze mit Gesundheit zusammen?
Hitze ist eine der größten durch die Klimakrise bedingten Gesundheitsgefahren. Befragungen zeigen, dass Hitze von Menschen in Deutschland als häufigste und schwerwiegendste Folge des Klimawandels wahrgenommen wird. Das Bewusstsein für die Gesundheitsgefahren von Hitze nimmt zu, das zeigte auch unser Gespräch mit Prof. Karl Lauterbach, das im Rahmen Hitzekampagne 2022 zustande kam. Gleichzeitig sind wir in Deutschland noch nicht ausreichend auf Hitze vorbereitet.
Die Folge von Hitzewellen: überfüllte Notaufnahmen, überlastete Rettungsdienste, das stille Sterben von Menschen zu Hause. Hitze ist eine tödliche Gefahr und die Häufigkeit gefährlicher Hitzewellen nimmt durch den Klimawandel zu (1, 2, 3, 4).
Unser Gesundheitssystem, Kommunen und Land sind nicht ausreichend auf Hitze vorbereitet. Bei einer über Tage andauernden Hitzewelle kommt es zu einem stark erhöhten Aufkommen von akut Erkrankten und Hilfesuchenden und zu reduzierter körperlicher Leistungsfähigkeit des Personals (5, 6, 7).
Gesundheitliche Folgen von Hitze
Hitze hat vielfältige Auswirkungen auf den menschlichen Organismus und damit auf unser Wohlbefinden und unsere körperliche und psychische Gesundheit (8, 9). Um gesund und leistungsfähig zu sein, müssen wir unsere Körpertemperatur in engen Grenzen konstant halten. Hitze belastet diese Regulationsmechanismen und extreme Hitze kann sie selbst bei ansonsten gesunden Menschen überlasten (10). Dann drohen gesundheitliche Folgen, die von leichter Hitzeerschöpfung durch Flüssigkeitsverlust über Hitzekollaps bis hin zum lebensbedrohlichen Hitzschlag mit Versagen der körpereigenen Temperaturregulation reichen (11).




Wer ist bei Hitze besonders betroffen?
Hitzestress und hohe bodennahe Ozonkonzentrationen während Hitzewellen können gesundheitliche Folgen haben, insbesondere für Kinder, im Freien Arbeitende oder ältere Menschen und solche mit Herz-Kreislauf- oder Atemwegserkrankungen (7, 8). Diese Risikogruppen haben ein erhöhtes Risiko für Krankenhauseinweisungen oder sogar vorzeitigen Tod.
Laut dem Lancet Countdown (2018) werden bis 2030 in der EU bereits 30.000 zusätzliche hitzebedingte Todesfälle erwartet (9). Unter älteren Patient:innen ab 65 Jahren steigt die Zahl der gesundheitlichen Vorfälle während Hitzewellen an, da mit dem natürlichen Alterungsprozess Durstgefühl und die Fähigkeit zur Thermoregulation abnehmen. Menschen mit Vorerkrankungen der Lunge, der Nieren und des Herzens sind besonders betroffen (12, 13). Darüber hinaus Menschen, die sich aus Gründen sozialer Isolation, ökonomischer Benachteiligung oder einer Tätigkeit im Freien schlecht vor Hitze schützen können (6).

Einfluss auf das Gesundheitswesen
In einer Hitzewelle steigt die Zahl Hitze-assoziierter Erkrankungen ab dem zweiten bis dritten Tag sprunghaft an und damit auch die Inanspruchnahme der Einrichtungen des Gesundheitswesens (5). Die Akutkrankenhäuser mit Notfallversorgung rund um die Uhr tragen hier besondere Verantwortung. Koordinierte Reaktionspläne, Konzepte zum Schutz vulnerabler (am meisten betroffenen) Patient:innen im Krankenhaus, Anpassung des Belegungsmanagements in Hitzeperioden und angepasste Personalplanung zum Schutz vor Überlastung gibt es allerdings in den wenigstens Kliniken in Deutschland.

Health for Future fordert daher für das Gesundheitswesen:
🌎 Die Entwicklung und Etablierung wissenschaftlich fundierter Hitzeaktionspläne.
🌎 Eine verpflichtende Beschäftigung eines Nachhaltigkeitsmanagements.
🌎 Ein Investitionsprogramm für gebäudetechnische Maßnahmen zum Hitzeschutz.
🌎 Überwachung des hitzebezogenen Arbeitsschutzes gemäß der Arbeitsstättenverordnung (14).
Website-Empfehlungen
- Bundesgesundheitsministerium (BMG) – Hitze
- Hitze Service für Kommunen
- Hitze.info
- KLUG Infografik: Gesundheitliche Folgen
- Aktionsbündnis Hitzeschutz Berlin
- WarnWetter App des Deutschen Wetterdienstes
- Hitze Handbuch der Stadt Dresden (Seite 47: H4F mit der Planetary Health Diet)
Dresden hat im Rahmen des Projektes HeatResilientCity II mit zahlreichen Partner:innen eine Fachbroschüre für Beschäftigte aus den Bereichen Gesundheit, Pflege, Soziales, Bildung und Wohnen erstellt. Ein Ansatz ist, dass neben den Empfehlungen auch klimatische Fakten über die Region Dresden und Stadtinformationen gegeben werden. Das auf diese Weise entstand das Hitze-Handbuch. Wer in seiner Kommune selbst etwas in dieser Richtung planen möchte, kann sich gerne an die Kolleg:innen des Amtes für Gesundheit und Prävention der Stadt Dresden wenden: gesundheitsamt-gesundheitsplanung@dresden.de - Medikamenten-Dosierung Heidelberger Hitze-Tabelle
- Klima, Mensch, Gesundheit
Begriffe rund um das Thema Hitze
Heißer Tag
Jeder Tag, dessen höchste Temperatur oberhalb von 30°C liegt.
Tropennacht
Jede Nacht, in der die Temperatur nicht unter 20°C absinkt.
Hitzewelle
Mehrtägige Periode (z. B. 3 Tage) mit ungewöhnlich hoher thermischer Belastung. Eine Hitzewelle ist ein Extremereignis, welches die menschliche Gesundheit, die Ökosysteme und die Infrastruktur schädigen kann. In unseren Breiten treten Hitzewellen häufig im Zusammenhang mit andauernden sommerlichen Hochdrucklagen auf. (Quelle: DWD)
Hitzewarnung (DWD)
Gewarnt wird, wenn an zwei aufeinander folgenden Tagen eine mindestens „starke Wärmebelastung“ von 32 bis 38°C „gefühlter Temperatur“ vorhergesagt wird und es nachts nur zu einer unzureichenden Abkühlung kommt. Sind extreme Belastungen von 38°C und mehr zur erwarten, erfolgt in jedem Falle, d. h. auch bei kürzerer Dauer, eine Warnung.
Heat island effect (städtische Wärmeinseln)
In Großstädten herrschen oft klimatische Verhältnisse, die sich deutlich vom Klima in ihrer Umgebung unterscheiden. So ist etwa die relative Luftfeuchte geringer, und die mittleren Temperaturen liegen höher. Mit Blick auf die Temperaturunterschiede zwischen Stadt und Land sprechen Klimatologen von der „städtischen Wärmeinsel“.In heißen Sommermonaten können daraus gesundheitliche Belastungen für die Bevölkerung entstehen, wenn sich die Stadträume wegen ihrer spezifischen Charakteristik tagsüber stark aufheizen, ohne sich in der Nacht im gleichen Maße wie das Umland abzukühlen. (Quelle: UBA-Monitoringbericht zur DAS 2019)


Quellen:
- https://www.sueddeutsche.de/panorama/hitzewelle-usa-kanada-portland-british-columbia-1.5336954
- https://www.n-tv.de/wissen/Tagelang-fast-50-Grad-Hitzewelle-in-Indien-und-Pakistan-zeigt-Ausmass-der-Klimakatastrophe-article23305325.html
- Deutscher Wetterdienst. Klimastatusbericht Deutschland – Jahr 2020. Offenbach am Main, Deutscher Wetterdienst, 2021 (https://www.dwd.de/DE/leistungen/klimastatusbericht/publikationen/ksb_2020.html).
- Russo S, Sillmann J, Fischer EM. Top ten European heatwaves since 1950 and their occurrence in the coming decades. Environmental Research Letters. 2015. 10(12)
- Li M, Gu S, Bi P, Yang J, Liu Q. Heat waves and morbidity: current knowledge and further direction-a comprehensive literature review. Int J Environ Res Public Health. 2015 May 18;12(5):5256-83.
- C.Günster, J.Klauber, B.-P. Robra, C. Schmuker, A. Schneider (Hrsg.). Versorgungsreport Klima und Gesundheit. Medzinisch Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft Berlin. 2021
- Flouris AD, Dinas PC, Ioannou LG, Nybo L, Havenith G, Kenny GP, Kjellstrom T. Workers‘ health and productivity under occupational heat strain: a systematic review and meta-analysis. Lancet Planet Health. 2018 Dec;2(12): e521-e531.
- Kenny GP, Yardley J, Brown C, Sigal RJ, Jay O. Heat stress in older individuals and patients with common chronic diseases. CMAJ. 2010 Jul 13;182(10):1053-60.
- Lindemann U, Stotz A, Beyer N, Oksa J, Skelton DA, Becker C, Rapp K, Klenk J. Effect of Indoor Temperature on Physical Performance in Older Adults during Days with Normal Temperature and Heat Waves. Int J Environ Res Public Health. 2017 Feb 14;14(2):186.
- Mora C, Counsell CWW, Bielecki CR, Louis LV. Twenty-Seven Ways a Heat Wave Can Kill You: Deadly Heat in the Era of Climate Change. Circ Cardiovasc Qual Outcomes. 2017. Nov;10(11): e004233.
- Atha WF. Heat-related illness. Emerg Med Clin North Am. 2013 Nov;31(4):1097-108.
- Herrmann A, Haefeli WE, Lindemann U, Rapp K, Roigk P, Becker C. Epidemiologie und Prävention hitzebedingter Gesundheitsschäden älterer Menschen [Epidemiology and prevention of heat-related adverse health effects on elderly people]. Z Gerontol Geriatr. 2019 Aug;52(5):487-502.
- Bobb JF, Obermeyer Z, Wang Y, Dominici F. Cause-specific risk of hospital admission related to extreme heat in older adults. JAMA. 2014 Dec 24-31;312(24):2659-67.
- Bundesministerium der Justiz. Verordnung über Arbeitsstätten Arbeitsstättenverordnung – ArbStättV: 3.3.5 Raumtemperatur (Anhang 3.5). 2004. Verfügbar unter: https://www.gesetze-im-internet.de/arbst_ttv_2004/anhang.html[19.06.2022].
- Beschlussprotokoll des 125. Deutschen Ärztetages, Berlin, 01. bis 02.11.2021. TOP II Klimaschutz ist Gesundheitsschutz. Verfügbar unter: https://www.bundesaerztekammer.de/aerztetag/aerztetage-der-vorjahre/125-daet-2021-in-berlin/beschlussprotokoll-des-125-deutschen-aerztetages-berlin-01-bis-02112021/