Health for Future ruft mit einem offenen Brief die Politik zum Handeln auf: Die Beteiligten setzen sich für mehr Gesundheitskompetenz für Kinder und Jugendliche ein und fordern, die Voraussetzungen für die Ausbildung von Gesundheitskompetenz bereits im Kindesalter und unabhängig vom sozioökonomischen Status zu schaffen.
„Um gesundheitliche Chancengleichheit zu fördern und den Auswirkungen des Klimawandels zu begegnen, muss in unseren Augen Gesundheit und Nachhaltigkeit als eigenes Fach und somit fester Bestandteil in alle deutschen Schulen integriert werden“ sagen Fabio Grieco, Julia Hein und Arzu Fritz von der AG Bildung von Health for Future.
Daher fordert Health For Future Deutschland zusammen mit seinen Partner:innen – wie auch dem 126. Deutschen Ärztetag – ein Schulfach „Gesundheit und Nachhaltigkeit“ an deutschen allgemeinbildenden Schulen.
Die AG Bildung hat dazu einen offenen Brief verfasst, den Sie hier unterzeichnen können. Mit diesem soll der Forderung an die Politik Nachdruck verliehen werden.
Health for Future veröffentlicht Policy-Brief: „Planetare Gesundheit und Ergotherapie – Implikationen für Politik und Praxis“
Das Forderungspapier, welches durch Expert:innen unterschiedlicher Professionen erstellt wurde, fordert die Implementierung von Prinzipien der Planetaren Gesundheit in die Ergotherapie. Viele der Thesen sind auf andere Gesundheitsberufe übertragbar, weshalb die Unterschriften unterschiedlicher Professionen gesammelt werden. Unter anderem soll die Thematik in das 2024 einzuführende „Gesamtkonzept Gesundheitsfachberufe“ implementiert werden.
„Die Ergotherapie, als Profession des Gesundheitswesens, ist in der Verantwortung die Gesundheit der Menschen zu verbessern, zu erhalten und Umwelt- sowie Klimaanpassung zu begleiten“, so Lea Hagemeier und Jana Ruth Zisowsky, Ergotherapeutinnen und aktiv bei Health for Future.
Bereits heute beeinträchtigen die Folgen der Klimakrise die menschliche Gesundheit. Die Bewegung betont, die Klimakrise sei auch eine Gesundheitskrise. Als Professionen im Gesundheitswesen sehen sich die Mitglieder in der Pflicht, Gesundheit zu schützen, zu fördern und Krankheit zu vermeiden und die dafür notwendigen klimapolitischen Rahmenbedingungen zu fordern.
„Klima- und Umweltkrisen verursachen bereits jetzt und zukünftig zunehmend Krankheiten. Dieser Herausforderung müssen wir uns als Heilmittelerbringer stellen und Strategien sowohl zum Umweltschutz als auch für eine gelingende Versorgung entwickeln“, sagt Robert Richter, Physiotherapeut und aktiv bei Health for Future.
NRW-Klimaschutzministerin Mona Neubaur diskutiert mit Expertinnen und Experten aus Kliniken und Wissenschaft über Perspektiven für Klimaneutralität an nordrhein-westfälischen Krankenhäusern.
Die nordrhein-westfälischen Krankenhäuser wollen und müssen ihre Verantwortung für den Klimaschutz konkret und aktiv umsetzen. Doch anders als für viele Wirtschaftsbranchen sind für den Gesundheitsbereich bis heute keine konkreten Klimaschutzziele definiert worden. Dabei liegt der Gesundheitssektor mit rund 5 Prozent Anteil an den klimaschädlichen Emissionen nur knapp hinter der Stahlindustrie. Um die Möglichkeiten, den Weg zur Klimaneutralität zu beschleunigen und die Akteure zu vernetzen, ging es am Montag, 20. März 2023, bei einem von Health for Future Köln initiierten Fachgespräch mit Mona Neubaur, nordrhein-westfälische Ministerin für Wirtschaft, Industrie, Klima und Energie. „Die Klimakrise mit ihren mannigfaltigen Konsequenzen ist die größte Gefahr für die menschliche Gesundheit im 21. Jahrhundert. Paradoxerweise treibt das aktuelle Gesundheitssystem selbst aber die Klimakrise und andere gesundheitsschädigende Prozesse, wie z. B. Luftverschmutzung an“, sagt Jana Leberl von Health for Future Ortsgruppe Köln. „Aus Sicht der Ärzte und Ärztinnen von Health for Future ist es daher dringend an der Zeit für einen Paradigmenwechsel: Prävention von durch die Klimakrise bedingten Erkrankungen muss zum zentralen Thema der Gesundheitsfürsorge werden. Das beginnt damit, dass wir klimaneutrale Systeme erschaffen, in denen wir Patientinnen und Patienten versorgen können ohne ihnen gleichzeitig langfristig zu schaden.“
Health for Future ist ein Aktionsbündnis aus Angehörigen der Gesundheitsberufe mit über 70 Ortsgruppen, das neben der gesellschaftspolitischen Denkfabrik Centre for Planetary Health Policy (CPHP) unter dem Dach der Deutschen Allianz Klimawandel und Gesundheit e.V. (KLUG) arbeitet.
An dem Austausch mit Ministerin Neubaur nahmen Prof. Dr.-Ing. Manfred Fischedick, Präsident und wissenschaftlicher Geschäftsführer des Wuppertal Instituts, Dr. Sven Lueke vom Institute For Health Care Business (hcb), Burkhard Fischer für die Krankenhausgesellschaft Nordrhein-Westfalen, Dorothea Baltruks von der Denkfabrik Centre for Planetary Health Policy sowie Dr. med. Jana Leberl, Dr. med. Martin Otto und Dr. med. Bernhard Seidler von Health for Future teil. Im Mittelpunkt standen die schon jetzt laufenden Aktivitäten der NRW-Krankenhäuser für einen klimaschützenden Betrieb. Zugleich machten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer deutlich, dass Krankenhäuser dringend ausreichende Investitionsmittel für Klimaschutzmaßnahmen benötigen. Der im NRW-Koalitionsvertrag von CDU und Bündnis 90/Die Grünen angekündigte Krankenhausklimaschutzfonds müsse schnell eingesetzt werden, damit die Krankenhäuser keine wertvolle Zeit verlieren. Nur so könnten die Klimaschutzziele des Bundes bis 2030 erreicht werden.
Bildnachweis: KGNW
Von rechts nach links: Prof. Dr. Manfred Fischedick, Oliver Wagner, Dr. Sven Lueke, Mona Neubaur, Dorothea Baltruks, Dr. Jana Leberl, Dr. Bernhard Seidler, Dr. Martin Otto, Burkhard Fischer
NRW-Klimaschutzministerin Mona Neubaur erklärte: „Die Transformation von Krankenhäusern hin zur Klimaneutralität spielt eine immens wichtige Rolle. Hier geht es um mehr als nur die Defossilisierung der eingesetzten Energieträger. Hier geht es in großem Maße auch um Ressourcen, wie die täglichen Verbrauchsmaterialien. Die Krankenhäuser stehen zudem vor der immer größer werdenden Herausforderung, Menschen, die körperlich unter den Folgen des Klimawandels leiden, ärztlich zu versorgen. Nicht nur aus dieser Notwendigkeit heraus ist die Krankenhausgesellschaft NRW mit der Beauftragung des Umsetzungskonzepts zum Klimaneutralen Krankenhaus durch das Wuppertal Institut den ersten wichtigen Schritt gegangen. Mit dem formulierten Zielbild der Klimaneutralität muss es jetzt gemeinsam an die Umsetzung gehen. Wir als Landesregierung werden den Akteuren – gemeinsam mit dem Bund – bei den anstehenden Aufgaben als Partner zur Seite stehen.“
Diesen Faden griff auch Dorothea Baltruks von der Berliner Denkfabrik Centre for Planetary Health Policy auf: „Die ökologische Transformation des Gesundheitswesens ist eine immense Herausforderung, der wir uns in Deutschland bislang nicht systematisch stellen. Mit den heute besprochenen konkreten Plänen und Vorschlägen hat NRW in Bezug auf den Weg zu klimaneutralen Krankenhäusern eine Vorreiterrolle eingenommen – nun müssen diese von der Politik gemeinsam mit den Akteuren im Sektor umgesetzt werden.“
Vom Reden ins Handeln kommen – dies ist das Ziel der Initiative Klimaneutrales Krankenhaus, mit der die Krankenhausgesellschaft Nordrhein-Westfalen (KGNW) als Dachverband die rund 340 NRW-Krankenhäuser beim Klimaschutz unterstützt. Die Initiative soll das vom Wuppertal Institut und von hcb im Auftrag der KGNW 2022 entwickelte Zielbild „Klimaneutrales Krankenhaus“ in konkretes Handeln überführen. Kern des Zielbilds und damit der Initiative sind zehn Maßnahmenfelder, mit denen die Krankenhäuser die von der Bundesregierung gesetzten Klimaschutzziele erreichen können. Damit verbunden ist die Forderung nach einem finanziellen „Climate Boost“ von Land und Bund zur Umsetzung. „Ein Großteil der Krankenhäuser versteht Klimaschutz als Teil ihrer gesellschaftlichen und ökologischen Verantwortung. Mit der Initiative Klimaneutrales Krankenhaus schaffen wir eine Plattform, damit sich die Expertinnen und Experten der einzelnen Häuser vernetzen und andere an ihren Erfahrungen teilhaben lassen können“, betonte Sascha Klein, Vizepräsident der KGNW. Ein zentraler Aspekt ist dabei, die in den Krankenhäusern eingesetzten Klimaschutzmanagerinnen und -manager zu qualifizieren, damit sie den Transformationsprozess in ihren Einrichtungen verantwortlich steuern können.
Die beiden Gutachten haben inzwischen auch bundesweit Beachtung gefunden und dienen Krankenhäusern in anderen Bundesländern zur Orientierung. Die Dimension beschrieb Prof. Manfred Fischedick so: „Die größte Herausforderung in Krankenhäusern ist der energetisch schlechte Zustand der Gebäudehülle, wo sich ein enormer Sanierungsstau zeigt. Es ist die zentrale Frage, wie man die energetische Sanierung finanziert bekommt. Aber auch die Komplexität der Krankenhäuser erschwert die Aufgabe, denn gerade bei großen Häusern ist die energetische Sanierung eine vielschichtige Aufgabe. Im Verbund mit der Sanierung ist das Heizungssystem zu erneuern. Energetisch sanierte Krankenhäuser in den Innenstädten können ein Gewinn für ihr städtisches Umfeld sein, weil sie beispielsweise als Nukleus für den Aufbau von Wärmenetzen genutzt werden können. Vom klimaneutralen Krankenhaus können also wichtige Impulse ausgehen.“
Und Dr. Sven Lueke ergänzte: „Den Weg zur Klimaneutralität werden Krankenhäuser nicht ohne Unterstützung schaffen: Der große Investitionsstau und die mangelnde Ertragslage erlauben kaum Investitionen in Klimaschutz. Darum sollten wir erstens die notwendigen Investitionsmittel bereitstellen sowie zweitens zweckgebunden und zielführend verteilen.“
Bereits in der vergangenen Woche nahmen Geschäftsführungen und Fachleute aus rund 130 NRW-Krankenhäusern an einem eintägigen Workshop teil. Unter dem Motto „Klimaschutz im Krankenhaus ist Zukunft“ erhielten sie einen Einblick in die praktische Umsetzung der zehn vom Wuppertal Institut benannten Maßnahmenfelder. Vom Austausch technischer Anlagen über den Ersatz von Narkosegasen sowie Fragen von Mobilität und Warenströmen bis hin zur Modernisierung der Gebäudehüllen zeigten Praxisbeispiele und Fachvorträge viele Handlungsmöglichkeiten auf. „Wer Nachhaltigkeit im Unternehmen lebt, ist auch zukünftig als Arbeitgeber attraktiv“, erklärte KGNW-Vizepräsident Klein. Mit dem Workshop hat die KGNW eine Reihe von Veranstaltungen eröffnet, um die Krankenhäuser zunächst bis 2025 auf dem Weg in die Klimaneutralität zu unterstützen.
Am 03.03. demonstrieren wieder weltweit Menschen für Klimagerechtigkeit, darunter auch Pflegende, Therapeut:innen, Ärzt:innen und Angehörige anderer Gesundheitsberufe, die bei Health for Future aktiv sind.
„Die Klimakrise eskaliert mit jedem Tag und bedroht die Gesundheit von Menschen überall auf der Welt. Als Arbeitende in Gesundheitsberufen haben wir eine besondere Verantwortung für die Gesundheit und das Wohlergehen der Menschen, Teil dieser Verantwortung ist es, für eine gesunde und lebenswerte Zukunft einzustehen. Wir beteiligen uns am globalen Klimastreik, weil wir die Einhaltung des Pariser Klimaabkommens als Voraussetzung für unsere Gesundheit einfordern!“, so Sonja Schmalen von Health for Future.
Im Gesundheitssystem sehen sich die Aktiven jetzt schon tagtäglich mit den gesundheitlichen Auswirkungen der Klimakrise konfrontiert, zum Beispiel durch die Zunahme von Atemwegserkrankungen in Städten aufgrund der Feinstaubbelastung und den verstärkten und verfrühten Pollenflug in den letzten Jahren. Auch deshalb schließt sich die Bewegung den Forderungen von Fridays for Future an, um der Politik und Wirtschaft die Dringlichkeit der drohenden Katastrophe vor Augen zu führen.
„Klimapolitik ist Gesundheitspolitik. Nur, wenn durch wirksame Maßnahmen die Klimakrise begrenzt wird, können Menschen auch in Zukunft gesund leben. Wenn ein Mensch aufhört zu Atmen, müssen Reanimationsmaßnahmen ergriffen werden, da zählt jede Sekunde. Für unseren Planeten gilt das Gleiche – jedes Zehntel Grad zählt, damit wir alle auch in der Zukunft Gesundheit und eine gute Lebensqualität haben.“, sagt Carolin Ehrlich von Health for Future.
Die Klimakrise – da sind sich die Aktiven im Einklang mit der WHO1 einig – ist ein medizinischer Notfall und eine Gefahr für die Gesundheit von Menschen auf der ganzen Welt.
Für Rückfragen und Interviews stehen wir gerne zur Verfügung, melden Sie sich dafür bei Katharina Kewitz: presse@healthforfuture.de
Die Klimakrise ist eine Gesundheitskrise, da sie unsere Lebensgrundlage gefährdet. 2022 hat Health for Future in zwei offenen Briefen zu Hitzeschutz im Krankenhaus und zur Energie- und Mobilitätswende den Zusammenhang zwischen Klimakrise und Gesundheit veröffentlicht.
Die Briefe mit Forderungen an politische Entscheidungsträger:innen, wurden von mehr als tausend Menschen aus dem Gesundheitswesen unterzeichnet und nun am 14.02.2023 an Karl Lauterbach und das Bundesgesundheitsministerium übergeben.
„Fossile Energieträger und der motorisierte Individualverkehr gefährden die menschliche Gesundheit. Luftverschmutzung verursacht eine Vielzahl akuter und chronischer Erkrankungen und Treibhausgasemissionen gefährden zunehmend unsere Lebensgrundlage. Eine nachhaltige Energie- und Mobilitätswende birgt ein großes Potential, die Gesundheit der Menschen zu schützen.“, so Lena Noack, Ärztin und aktiv bei Health for Future.
Hierzu braucht es einen verbindlichen Kohleausstieg bis 2030, das Ende aller Subventionen in fossile Energien außerdem eine ambitionierte Förderung Erneuerbarer Energien, aktiver Mobilität und den Ausbau Öffentlicher Verkehrsmittel.
Bei den kommenden Verhandlungen zur Überarbeitung der EU-Luftqualitätsrichtlinie, braucht es dringend eine vollständige Anpassung der Grenzwerte an die WHO-Empfehlungen bis spätestens 2030.
„Die Klimakrise birgt auch durch häufigere und stärkere Extremwetterereignisse wie Hitzewellen enorme Gesundheitsrisiken. Unser Gesundheitssystem ist auf die hohe Anzahl hitzebedingter Erkrankungen nicht vorbereitet.“, erläutert Leonie Ostermann, Ärztin in Berlin. „Wir fordern daher die Entwicklung und Etablierung wissenschaftlich fundierter Hitzereaktionspläne für Einrichtungen der stationären Krankenbehandlung und ein Investitionsprogramm für Maßnahmen zum Hitzeschutz in Kliniken.“
Health for Future bedankt sich für das konstruktive Treffen mit Herrn Lauterbach. Politische Maßnahmen spielen bei der Umsetzung von Klimaschutz und bei den Anpassungen an Folgen der Klimakrise eine entscheidende Rolle. Health for Future steht dabei mit Expertise beratend gerne zu Verfügung.
Sieben Empfehlungen für eine an planetarer Gesundheit orientierte Berliner Stadtpolitik
Die Klimakrise und die ökologische Krise sind Gesundheitskrisen. Unsere natürlichen Lebensgrundlagen wie saubere Luft, gesunde und fruchtbare Böden, genügend und sauberes Wasser, ein erträgliches Klima sowie eine intakte Natur sind unabdingbare Voraussetzungen für menschliche Gesundheit. Viele Maßnahmen zum Schutz der Umwelt und des Klimas gehen außerdem mit vielen Vorteilen für die Gesundheit einher. Daher muss Gesundheit zum einen in die Klima- und Umweltpolitik und zum anderen die gesundheitlichen Auswirkungen der Klima- und ökologischen Krise in nationale und kommunale Gesundheitspolitiken und -pläne integriert werden.
Hitzewellen, Luftverschmutzung, ungesunde Ernährung, sowie mangelnde Bewegung beeinträchtigen jetzt schon in erheblichem Maße die Gesundheit der Berlinerinnen und Berliner. Diese Gesundheitsrisiken, auch das Auftreten von durch Tiere auf den Menschen übertragene Pandemien, hängen direkt oder indirekt mit der Erderwärmung, der Art unserer Mobilität, unserer Landnutzung und der Art unseres Ernährungssystems zusammen. Um das Klima sowie die Gesundheit der Berlinerinnen und Berliner zu schützen, geben wir den politischen Akteuren im Land Berlin folgende sieben Handlungsempfehlungen für die Koalitionsverhandlungen nach der Wahl:
Weichenstellung für einen klimaneutralen Gesundheitssektor Berlin bis 2035: Der Gesundheitssektor trägt mit über 5 Prozent zu den nationalen CO2äq-Emissionen in Deutschland bei. Das muss sich ändern, er muss – wie andere Sektoren auch – zum 1,5-Grad-Ziel des Paris-Abkommens mit eigenen Null-Emissionszielen beitragen. Dafür braucht es auf Landes- wie auf Bundesebene geeignete rechtliche Rahmenbedingungen, die Benennung von Klimabeauftragten und die Verabschiedung von Klimaschutzplänen in allen Einrichtungen des Gesundheitswesens. Das Green Hospital-Programm des Landes Berlin begrüßen wir als ersten Ansatzpunkt zur Förderung energetischer Sanierungen und erneuerbarer Energien im Gesundheitssektor. Wir empfehlen, die Aspekte des Klimaschutzes dauerhaft und ausreichend in der Finanzierung des Berliner Gesundheitswesens zu etablieren. Zudem braucht es einen gemeinsamen Pfad zur Erreichung der Klimaneutralität bis 2035 für alle Berliner Gesundheitseinrichtungen.
Vollständige Entwicklung von Hitzeaktionsplänen und deren Umsetzung in Berlin noch im Jahr 2023: Die Klimakrise verursacht längere, häufigere und intensivere Hitzeperioden und stellt für Menschen in Europa das größte direkte klimabedingte Gesundheitsrisiko dar. Nach Schätzungen sterben in Deutschland in nur relativ wenigen Tagen jährlich tausende Menschen im Zusammenhang mit extremer Hitze – zuletzt etwa 4.500 im Sommer 2022. Im vergangenen Jahr wurden mit dem Aktionsbündnis Hitzeschutz Berlin die ersten wichtigen Schritte für Hitzeschutz im Land Berlin gegangen. In den kommenden Jahren muss das Gesundheitsrisiko für alle Risikogruppen, in allen Bezirken, mit Umsetzung durch geeignete Multiplikatoren vor allem aus dem Sozial- und Gesundheitssektor deutlich reduziert werden. Wir empfehlen die Erarbeitung eines vollständigen Hitzeaktionsplans noch im Jahr 2023. Wesentliche Akteure aus dem Gesundheitswesen und aus sozialen Einrichtungen sind bei der Planung und Umsetzung zu beteiligen, Verantwortlichkeiten festzulegen und Ressourcen, z.B. für die Koordination, Öffentlichkeitsarbeit und Umsetzung auf Bezirksebene, bereitzustellen.
Umsetzung der WHO-Richtwerte für saubere Luft bis 2030 im Land Berlin: Das Ausmaß der Luftverschmutzung und deren gesundheitliche Folgen, wenn auch in Deutschland rückläufig, stellt nach wie vor ein erhebliches Gesundheitsrisiko dar. Basierend auf neuer Evidenz hat die WHO 2021 ihre neuen Empfehlungen für Luftschadstoffe vorgelegt und die früheren Richtwerte zum Teil erheblich abgesenkt. Wir empfehlen, dem Berliner Luftreinhalteplan die WHO-Grenzwerte zugrunde zu legen, diesen bis 2030 sukzessive an die Grenzwerte anzupassen und dabei zuerst auf die stark belasteten Gebiete zu fokussieren. Die Ausweitung der Vorranggebiete für die Luftreinhaltung auf das gesamte Stadtgebiet, eine schärfere Regulierung zur Reduktion der Schadstoffausstoßes bei Holzfeuerungsanlagen, die schrittweise Abschaffung des fossil angetriebenen Autoverkehrs in den Innenstädten, die Förderung aktiver Mobilität, die Nachrüstung von Schwerlast-Kraftfahrzeugen mit Partikelfiltern und Begrünung könnten die Luftqualität in Berlin deutlich verbessern.
Schnellere Umsetzung des Berliner Mobilitätsgesetzes mit Fokus auf aktive, gesundheitsfördernde Mobilität: 42 Prozent der Menschen in Deutschland bewegen sich weniger als von der WHO empfohlen. Die strukturelle Förderung und Priorisierung von aktiver Mobilität wie Radfahren und Zufußgehen führt zu mehr aktiver Bewegung im Alltag und reduziert den verkehrsbedingten Lärm mit deutlichen positiven Auswirkungen auf die körperliche und seelische Gesundheit. Damit können weitere Co-Benefits für Umweltschutz und Gesundheit realisiert werden. Grünere Städte dienen außerdem der Umwelt, dem Hitzeschutz und der Gesundheit und erhöhen die Lebensqualität. Wir empfehlen den weiteren beschleunigten Ausbau sicherer Rad- und Fußwege und eines attraktiven ÖPNV, die Ausweitung der Tempo-30 Zonen, Maßnahmen zu einer deutlichen Reduktion des motorisierten Individualverkehrs – insbesondere in der Innenstadt – und eine Umverteilung der Verkehrsflächen zugunsten des nicht motorisierten Verkehrs.
Berliner Ernährungsstrategie aktualisieren und dabei die Planetary Health Diet berücksichtigen: Ungesunde Ernährung ist in Europa für ein Drittel aller vorzeitigen Todesfälle verantwortlich. Unser Ernährungssystem verursacht etwa 30 Prozent aller menschengemachten Treibhausgasemissionen und ist somit ein wichtiger Treiber der Klimakrise und des Biodiversitätsverlustes. Der Schlüssel zur Lösung: der Wechsel hin zu einer vollwertigen, überwiegend pflanzenbasierten Ernährung. Die sogenannte „Planetary Health Diet“ besteht aus überwiegend pflanzlichen Lebensmitteln wie Gemüse, Obst, Hülsenfrüchten und Nüssen. Milchprodukte nur in Maßen, und Fleisch – insbesondere rotes Fleisch – nur in sehr geringen Mengen. Die Planetary Health Diet wird von vielen Städten des C-40 Städtenetzwerk, dem auch Berlin angehört, unterstützt. Um die Ernährungssicherheit zu gewährleisten und gesunde und ökologische Ernährung im Land Berlin sicherzustellen, sollte die Berliner Ernährungsstrategie den gesundheitlichen und ökologischen Erfordernissen angepasst, mit der Zivilgesellschaft diskutiert und aktualisiert werden. Vor allem sollte die Planetary Health Diet in der Gemeinschaftsverpflegung berücksichtigt werden.
Umwelt-/Klima- und Gesundheitsverträglichkeitsprüfungen für die Gesetzgebung und Beschlüsse des Landes Berlin: Der Berliner Koalitionsvertrag sieht einen Klima-Check für alle neuen Gesetzesvorhaben für Berlin vor. Die Klimakrise ist aber nur ein wesentlicher Aspekt neben der vielfältigen Verschmutzung, Umweltzerstörung und dem Biodiversitätsverlust, die alle unsere Lebensgrundlagen bedrohen. Wir empfehlen, Umwelt-/Klima- und Gesundheitsverträglichkeitsprüfungen zur Erweiterung der Klima-Checks als Instrument in den Koalitionsvertrag aufzunehmen und im nächsten Schritt Kriterien und Indikatoren zu entwickeln, um diese Prüfungen flächendeckend auf die Berliner Gesetzgebung und Beschlüsse anzuwenden.
Rechtsaufsicht für klimafreundliche Kapitalanlagen im Berliner Gesundheitswesen nutzen: Das Land Berlin hat die Aufsicht über die in der Stadt ansässigen berufsständischen Versorgungswerke der Heilberufe in Berlin. Da dem Finanzsektor eine zentrale Rolle für die sozial-ökonomische Transformation zukommt, sollte gemeinsam mit den Versorgungswerken nach Wegen gesucht werden, wie Nachhaltigkeit und Transparenz bei den Kapitalanlagen der Versorgungswerke noch stärker berücksichtigt werden können. Um die Versorgungswerke klimaresilienter zu machen und Klimarisiken zu reduzieren, sind regulatorische Hürden zu beseitigen und die Definition risikobehafteter und risikoarmer Vermögensanlagen zu überprüfen und bei Bedarf anzupassen. Hierzu sollte der Austausch mit den berufsständischen Versorgungswerken in Berlin sowie mit den Aufsichtsbehörden anderer Bundesländer gesucht werden. Gegebenenfalls sind Initiativen auf Bundes(rats)ebene zu ergreifen.
Dr. med. Dieter Lehmkuhl, Health for Future Berlin: „Berlin hat bereits 2019 die Klimanotlage ausgerufen. Dementsprechend muss auch notfallgemäß gehandelt werden: Klimaschutz muss in allen Bereichen mitgedacht und umgesetzt werden – um unsere Gesundheit und Lebensgrundlagen zu schützen.“
Dr. Sophie Rabe, Health for Future Berlin: „Berlin hat in der Klimapolitik manche Strategien und Pläne, die in die richtige Richtung gehen. Gesundheit ist dabei aber meist noch nicht hinreichend berücksichtigt. Auch fehlt es vielfach an konkreten Maßnahmen, deren Umsetzung und Priorisierung. Klimaschutz ist Gesundheitsschutz!“
Unser Ernährungssystem steckt in der Krise. Ungesunde Ernährung ist in Europa für ein Drittel aller vorzeitigen Todesfälle verantwortlich. Darüber hinaus trägt unser Ernährungssystem zur Klimakrise, zum Artensterben und zur Überschreitung weiterer planetarer Belastungsgrenzen bei. Unser Ernährungssystem ist für etwa 30 Prozent aller menschengemachten Treibhausgasemissionen verantwortlich, beschädigt unsere Wälder, Wasser und Böden und treibt das Artensterben voran. Die Produktion tierischer Lebensmittel hat dabei den größten Anteil an den negativen Umweltwirkungen.
Um diese Krisen zu überwinden und eine gesunde Ernährung für gesunde Menschen auf einem gesunden Planeten zu ermöglichen, brauchen wir eine Ernährungswende. Diese Ernährungswende hin zur Planetary Health Diet muss aktiv politisch gestaltet werden. Dazu wurde heute das Positionspapier „Food for Future: Ernährungswende für individuelle und planetare Gesundheit“ veröffentlicht, das die notwendigen Maßnahmen für eine Ernährungswende beschreibt.
Die politischen Rahmenbedingungen müssen dahingehend geändert werden, dass eine umwelt- und gesundheitsfreundliche Ernährung für alle zugänglich wird. Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft hat hierbei eine wichtige Steuerungsaufgabe.
Momentan ist die Verpflegung in Kliniken meist weder gesundheitsförderlich noch ökologisch nachhaltig. Daher fordern wir, dass Kliniken, öffentliche Kantinen sowie weitere Einrichtungen der Gemeinschaftsverpflegung ihrer Verantwortung gerecht werden und nachhaltige und gesunde Verpflegung anbieten.
Konkret müssen die Qualitätsstandards der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) für alle Einrichtungen des Gesundheitswesens sowie in öffentlichen Kantinen als verpflichtender Mindeststandard umgesetzt werden. Diese Standards sollten zudem zeitnah weiterentwickelt werden, mit dem Ziel, die Planetary Health Diet zu etablieren.
Damit das realisierbar ist, müssen die Kliniken konkrete finanzielle und personelle Unterstützung bei der Verbesserung der Verpflegung für Patient:innen und Personal erhalten. Das DRG-System muss geändert werden, damit eine hochwertige Ernährung umgesetzt werden kann.
Des Weiteren soll die Ernährungsmedizin und -therapie im ambulanten und stationären Bereich gestärkt werden. Patient:innen und Bewohner:innen in Kliniken und Pflegeheimen sollten auf Mangelernährung gescreent werden und Ernährungsteams sollten für ernährungsmedizinische und ernährungstherapeutische Betreuung zur Verfügung stehen.
Damit die Ernährungswende sozial gerecht ist, muss gesunde und nachhaltige Ernährung zur günstigsten und einfachsten Wahl werden, zum Beispiel indem die Mehrwertsteuer auf unverarbeitetes und niedrig verarbeitetes Obst, Gemüse, Hülsenfrüchte und Vollkornprodukte abgeschafft wird und gesundheitsförderliche Ernährungsumgebungen geschaffen werden.
Die Verantwortung für die Veränderung des Ernährungssystems darf hierbei nicht auf die Individuen abgeladen werden, sondern Öffentliche Gesundheit und Health in All Policies muss einen größeren Stellenwert in der Gesetzgebung erhalten.
Seit Montag wurde damit begonnen, das besetzte Dorf Lützerath im rheinischen Braunkohlerevier zu räumen. Health for Future Deutschland fordert ein Ende der Räumung und ein Abrissmoratorium für Lützerath.
Die Bewegung, in der sich angehörige verschiedenster Gesundheitsberufe für Klimagerechtigkeit und eine gesunde Zukunft einsetzen, hält es für fatal, dass in Lützerath die Konzerninteressen von RWE über die Einhaltung des Pariser Klimaabkommens und wissenschaftliche Erkenntnisse gestellt werden.
„Im Gesundheitssystem sind wissenschaftliche Erkenntnisse unabdingbare Grundlage für die Gesundheit unserer Patient:innen – in der Klimapolitik sind sie unabdingbar für die Gesundheit aller Menschen. Schon heute fordern die Folgen der Klimakrise und der Verbrennung fossiler Energieträger auch bei uns in Deutschland jedes Jahr hunderttausende Todesopfer. Es macht uns fassungslos, dass sich die Politik entgegen den wissenschaftlichen Erkenntnissen für die Zerstörung des Dorfes entschieden hat.“, so Sonja Schmalen von Health for Future.
Die Verbrennung der Kohle unter Lützerath würde dazu führen, dass Deutschland keinen gerechten Beitrag mehr zur Einhaltung der in Paris vereinbarten 1,5 Grad-Grenze leisten kann, zudem zeigt eine Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), dass die Kohle trotz der aktuellen Energiekrise für die Versorgungssicherheit nicht gebraucht wird.
„Die Zerstörung von Lützerath und die Verbrennung der Kohle wäre nicht nur katastrophal für die Klimapolitik, sondern auch für unsere Gesundheit. Jede Tonne CO2, die ausgestoßen wird, führt dazu, dass mehr Menschen unter Hitzewellen, Extremwetter, Dürren, Hunger und sich ausbreitenden Krankheiten leiden. Jede Tonne CO2 macht die Lebensbedingungen der Zukunft ungesünder – deshalb muss die Kohle unter Lützerath im Boden bleiben!“, so Katharina Kewitz von Health for Future.
Für Rückfragen und Interviews stehen wir gern zur Verfügung, melden Sie sich dafür bei: Katharina Kewitz presse@healthforfuture.de
Die Ringvorlesung Klimakrise und Gesundheit an der Uni Marburg geht in die zweite Runde! Mit spannenden Vorträgen von Dozent:innen unterschiedlichster Einrichtungen und Fachrichtungen möchten wir unter anderem diese Fragen aus unterschiedlichen Blickwinkeln beleuchten:
Wie beeinflusst die Klimakrise unsere Gesundheit?
Worauf muss in Zukunft im Gesundheitswesen verstärkt geachtet werden?
Vor welchen gesundheitlichen und gesamtgesellschaftlichen Herausforderungen stehen wir?
Und was können Gesundheitswesen und Universität aktiv zum Klimaschutz beitragen?
Geplant sind insgesamt 8 Termine, dienstags von 18:00 bis 19:00 Uhr.
Die Ringvorlesung richtet sich an Studierende, Forschende und Lehrende aller Fachrichtungen, Angehörige der Gesundheitsberufe sowie alle Interessierten. Sie ist öffentlich zugänglich und wird via WebEx gestreamt. Die Links können gerne weiter verbreitet werden!
Die Bundesregierung und das Land NRW haben sich mit RWE auf einen Kohleausstieg 2030 geeinigt, gleichzeitig aber auch bekanntgegeben, dass das Dorf Lützerath zerstört werden soll, um die Braunkohle darunter zu verbrennen.
Die Bewegung Health for Future, in der sich Menschen aus Gesundheitsberufen für Klimagerechtigkeit und eine gesunde Zukunft einsetzen, hält die Entscheidung, das Dorf Lützerath zu zerstören, für fatal.
„Im Gesundheitssystem ist die wissenschaftliche Grundlage unserer Arbeit unerlässlich für die Gesundheit der Patient:innen, deshalb macht es uns fassungslos, dass die Bundesregierung und die Regierung des Landes NRW der Zerstörung von Lützerath zustimmen, obwohl eine Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) zeigt, dass die Braunkohle unter Lützerath trotz der aktuellen Energiekrise für unsere Energieversorgung nicht gebraucht wird. Zudem würde ein Verbrennen der Kohle ein Einhalten des 1,5 Grad-Ziels in Deutschland unmöglich machen. Diese Ignoranz der Politik gegenüber wissenschaftlichen Erkenntnissen darf nicht länger weitergehen!“, so Katharina Kewitz von Health for Future.
Der Kohleausstieg 2030 sei ein wichtiger Schritt, dennoch betont die Bewegung, dass andere Maßnahmen der Energie- und Mobilitätswende nun endlich entschieden umgesetzt werden müssen.
„Dass RWE den Kohleausstieg auf 2030 vorzieht, ist auch Konsequenz der jahrelangen Proteste der Klimabewegung und ein wichtiger Schritt, denn Kohleverstromung ist nicht nur treibhausgasintensiv, die Verbrennung fossiler Energieträger ist allein in Deutschland jedes Jahr für ca. 200.000 vorzeitige Todesfälle verantwortlich.“, sagt Sonja Schmalen von Health for Future. „Wir brauchen langfristig unabhängige, krisensichere und gesunde Energieversorgung und dafür muss die Regierung jetzt Verantwortung übernehmen: Mit massiven Investitionen in die Energie- und Mobilitätswende und damit in die Gestaltung einer gesunden Zukunft!“